Tabakherstellung heute – 10 Blicke hinter die Kulissen

Egal ob Stopftabak, Drehtabak oder Pfeifentabak – von der Ernte bis zur Flavourisierung hat der Tabak einen weiten Weg vor sich. Begleite uns auf der Reise und gucke mit uns in die Vakuumkammer, die Sauciertrommel und den Trommeltrockner. 10 wichtige Verarbeitungsschritte haben wir einzeln beleuchtet. Fast jeder Tabak durchläuft sie, bis er Hauptkomponente unseres Genusses wird. Zunächst widmen wir uns aber der Tabakpflanze, dem Hochleistungsgewächs.

Virginia, Burley, Orient – Die besten Tabakblätter des Rauchtabaks Nicotiana tabacum werden gemischt und zu Tabakwaren verarbeitet.

Die Tabakpflanze

Beschreibung

Die ursprünglich in Mittel- und Südamerika heimische, wärmeliebende Tabakpflanze gehört zu den Nachtschattengewächsen. Wir konsumieren Gattungen dieser Familie fast täglich, denn auch Kartoffeln und Tomaten gehören dazu. Mit einer Höhe von 2 m ist die Pflanze recht stattlich. Auch die Blätter, die während des Wachstums in einem satten Grün erscheinen, sind beachtlich groß.

Nicotiana tabacum und Nicotiana rustica

Mit etwa 75 Arten gehört die Tabakpflanze zu einer besonders großen Gattung. Aber nur zwei Arten haben sich zur Herstellung von Rauchtabak als nützlich erwiesen: Nicotiana tabacum und Nicotiana rustica. Die Unterschiede erkennst du schon von Ferne. Nicotiana tabacum blüht in Rosa oder Rosarot, Nicotiana rustica in Gelb.

Aus Nicotiana tabacum, dem Virginischen Tabak, werden mit Abstand die meisten Tabakprodukte hergestellt. Dementsprechend groß und weit verbreitet sind die Anbaugebiete. Könnten wir alle Tabakfelder der Welt nebeneinanderlegen, ergäbe sich eine Fläche, die größer als die Schweiz ist. Nicotiana rustica, dem Bauern-Tabak, kommt dagegen eine geringe Bedeutung zu. Die gelbe Pflanze hat einen sehr hohen Nikotingehalt. Es ist daher nicht erlaubt, sie in Deutschland als Genussmittel zu verkaufen. Die Verarbeitung von Nicotiana rustica klammern wir daher in diesem Blogpost aus.

Nicot – Nikotin

Der lateinische Name Nicotiana und auch sein Wirkstoff gehen auf Jean Nicot de Villemain zurück, einen französischen Diplomaten. Nicot lebte von 1530 bis 1604. Ab 1560 war er in Lissabon für den portugiesischen Adel tätig. Währenddessen beschäftigte er sich mit den verschiedenen Heilwirkungen der Tabakpflanze, unter anderem für die Augenheilkunde. Kurzum schickte er 1561 seiner Königin Katharina von Medici einige Tabaksamen an den französischen Hof.

Abwehr gegen Fraßfeinde

Die Tabakpflanze enthält ca. 3000 Substanzen. Abhängig vom Bodentyp, dem Wetter, der Anbau- und Bearbeitungsmethode sowie weiterer Faktoren kommen sie in unterschiedlichen Zusammensetzungen vor. Im Grunde haben aber ca. 2999 Substanzen keinen größeren Nutzen – bis auf das Nikotin, mit einem Anteil von 85 bis 90 % mit Abstand die Hauptsubstanz. Gebildet in den Wurzeln, wandert die ölige und farblose Flüssigkeit in die Stängel, Blätter und Blüten, wo sie sich ablagert. Kommt ein Fraßfeind, wird er die Pflanze verschmähen und zur nächsten Pflanze weiterziehen.

Begeben wir uns nun aufs Tabakfeld.

Beim Tabakbrechen kommt die Einzelblatternte oder die Ganzpflanzene zum Einsatz.

1. Schritt: Das Tabakbrechen

Eine Wissenschaft für sich

70 bis 150 Tage nach der Aussaat, wenn die Pflanze im Hochsommer ein Blattwerk von fast 30 kg besitzt, beginnen sich die untersten Blätter zu verfärben. Zunächst wandeln sie sich in ein helles Grün, dann gehen sie in ein Gelb-Bräunlich über. Das gibt den Startschuss zur Ernte, dem Tabakbrechen. Dazu werden in Nordamerika oftmals Maschinen eingesetzt, meisten erfolgt die Tabakernte aber in Handarbeit. Wie bei Wein. Du kannst dir vorstellen, wie arbeitsintensiv das Ernten ist. Dazu kommt, dass die Tabakblätter nicht abgeschnitten und schon gar nicht abgerissen werden dürfen. Stattdessen werden sie horizontal abgebrochen und zwar vom Stängel von einer Seite zur anderen.

Zur Anwendung kommt entweder die Einzelblatternte oder die Ganzpflanzenernte, je nachdem, welchen Tabak der Erntehelfer vor sich hat. Erstere erfolgt beim Virginia-Tabak und Orient-Tabak. Der Erntehelfer bricht dabei nur die unteren Blätter der Pflanze. Das Obergut lässt er stehen und nachreifen. Es ist erst beim nächsten Erntegang an der Reihe. Insgesamt gibt es bis zu neun Durchgänge, meist im Abstand von etwa einer Woche. Der Burley-Tabak wird manchmal durch die Ganzpflanzenernte vom Feld geholt. Dabei erntet man alle bodennahen Blätter sowie die wertvollsten Blätter des Oberguts vor. Nach einer Weile folgt die Ernte der Blütenstand, später der restlichen Pflanze als Ganzes. Verarbeitet werden auch hier nur die Blätter, der Rest wird Brennmaterial.

2. Schritt: Die Trocknung des Tabaks

Direkt nach der Ernte enthalten die Tabakblätter viel Feuchtigkeit. Der Erntehelfer hängt sie daher zum Trocknen auf – mal unter freiem Himmel, mal in einen sogenannten Trockenschuppen. Je nach Sorte bzw. aus Kosten- und Zeitgründen kommen dabei entweder natürliche oder künstliche Verfahren zum Einsatz.

Sun curing

Orient-Tabak trocknet erst kurz vor. Dann wird er Blatt für Blatt auf lange Schnüre gezogen und in der Sonne an einem luftigen Ort aufgehängt. Die „Tabakgirlanden“ brauchen etwa vier Wochen zum Trocknen.

Flue curing

Das „flue curing” ist eine Röhrentrocknung und kommt dem Virginia-Tabak zugute. Die Blätter werden dabei im Trockenschuppen aufgehängt. Nun bläst man ihnen heiße Luft entgegen, die aus einem Röhrensystem kommt. Insgesamt dauert die Trocknung vier bis sieben Tage.

Bulk curing

Dieses Trocknungsverfahren des Virginia-Tabaks ist etwas aufwendiger: Die Blätter trocknen, indem sie im Trockenschuppen gleichzeitig beheizt und belüftet werden. Der Prozess ist wie beim „flue curing“ nach vier bis sieben Tagen abgeschlossen.

Air curing

Der Burley-Tabak bedarf zum Trocknen das „air curing”. Die Blätter hängen dabei in luftigen Scheunen oder Verschlägen, durch die immer ein leichter Wind weht. Sie sind erst nach sechs bis acht Wochen trocken, eine lange Zeit.

3. Schritt: Die Fermentation oder ein ähnlicher Prozess

Erster Umwandlungsschritt

Ist der Tabak getrocknet, erfolgt die Fermentation bzw. ein ähnliches Verfahren: die abwechselnde Befeuchtung, Trocknung, Erwärmung und Abkühlung. Beides ist ein der Gärung ähnlicher Prozess und dient dazu, Stärke, Zucker, Gerbsäure und Eiweiße abzubauen. Des Weiteren wird der Nikotingehalt des Tabaks verringert. Während der Bearbeitung kann der Tabak folglich in seiner Reife voranschreiten.

Wird das moderne Befeuchtungs-, Trocknungs-, Erwärmungs- und Abkühlungsverfahren eingesetzt, findet eine sogenannte Redrying-Maschine Anwendung. Mit ihr ist der Arbeitsschritt in wenigen Stunden abgeschlossen. Die natürliche Fermentation, bei der der gestapelte Tabak durch Selbsterhitzung fermentiert, kommt bei der industriellen Verarbeitung des Virginia-Tabak nicht mehr zur Anwendung. Denn sie dauert deutlich länger: bis zu einem halben Jahr. Zudem bedarf sie eines regelmäßigen Umschichtens des Tabakhaufens. Egal ob maschinell oder natürlich: Die Fermentation von Zigaretten- und Pfeifentabak geht am schnellsten. Andernfalls würde sich der Zuckergehalt zu stark reduzieren.

Die Prozesse geben dem Tabak die bekannte braune Farbe. Wichtiger als die Farbentwicklung ist aber die Bildung des Aromas. Es entfalten sich – zwar nicht im Ganzen, aber bereits so, dass wir den typischen Tabakduft erkennen können. Derweil hat der Abbau des Eiweißes noch einen weiteren Nutzen: Verzichtete man auf den Arbeitsschritt, würde der Tabak beim Brennen nach verbrannter Wolle riechen und die anderen Aromen überlagern.

4. und 5. Schritt: Die Reifelagerung und die Qualitätskontrolle

Mehrmonatige Reifephase

Nach erfolgter Fermentation darf der Tabak im Lager ruhen. Sechs bis 24 Monate, manchmal sogar mehrere Jahre hat er Zeit, um nachzureifen und sein volles Aroma weiter zu entfaltet. Dabei wird die Feuchtigkeit in der Luft pausenlos auf einem konstanten Niveau gehalten. Denn nur so kann die Entwicklung der Aromen optimal voranschreiten.

Hochmoderne Qualitätskontrolle

Die langwierige Reifelagerung lässt genug Zeit, um den Zustand der Blätter zu kontrollieren, sie zu sortieren und immer wieder neu zu bündeln. Trocknung und Fermentation haben nämlich dafür gesorgt, dass sich der Tabak manchmal in seiner Qualität verändert. Selbst innerhalb einer bestimmten Tabaksorte gleicht nun keine Tabakpartie mehr der anderen. Nicht selten erfolgt die Untersuchung des Tabaks mithilfe hochmoderner Analysemethoden. Die Daten werden im Computer gespeichert.

6. und 7. Schritt: Die Wasserdampfbehandlung und das Casing

Die Wasserdampfbehandlung in der Vakuumkammer

Noch ist der Tabak sehr trocken und nicht wirklich geschmeidig. Er braucht jetzt mehr Feuchtigkeit, um eine sogenannte Grusbildung zu verhindern. Das ist das ungewollte Zerbrechen des Tabaks in kleine Teile.

Aus Düsen in einer Vakuumkammer trifft Wasserdampf auf den Tabak. Das gleichzeitige Ziehen von Vakuum sorgt dafür, dass sich die Poren der Blätter öffnen und mehr Wasser aufnehmen. Positiver Nebeneffekt ist, dass sich das zusammengepresste Blattgut voneinander löst. Die Wasserdampfbehandlung bereitet den Tabak demgemäß auf die nächste Verarbeitungsstufe vor: dem Casing.

Das Casing in der Sauciertrommel

Das Casing, also das Umhüllen, beschreibt das Besprühen des Tabaks mit verschiedenen Würzsoßen. Auch die Würzsoße selbst wird als Casing bezeichnet. Zweck des Casings ist es, dem Tabak einen eigenen, ganz individuellen Geschmack zu geben. Für jedes Tabakprodukt gibt es eigene Würzrezepturen, deren genaue Zusammensetzung die Hersteller als Geheimnis hüten. Für alle Würzzutaten gilt jedoch, dass es sich ausschließlich um natürliche und naturidentische Produkte handelt. Überdies dient das Casing als ein natürlicher Schutz vor Schimmel.

Für das Casing wird der Tabak in eine Sauciertrommel gehievt, auch Casing-Trommel genannt. Dort wird er mit den Würzsoßen besprüht, während die Sauciertrommel gleichmäßig rotiert. Die Masse dringt durch die Poren in das Blatt ein. Haben sich die Soßen auf dem Tabak verteilt, wird der saucierte Tabak in Boxen gefüllt. Dort bleibt er bis zu 24 Stunden – Zeit genug, damit die Soßen vollständig in den Tabak einziehen können.

8. und 9. Schritt: Der Schnitt und die Röstung

Schneidemaschinen, oft mit modernster Technologie

Jetzt endlich kommen die Tabakpflanzen unters Messer. Dazu dienen elektronisch gesteuerte Maschinen. Sie sind meist hochmodern und in der Lage, in atemberaubender Geschwindigkeit den Tabak in exakt gleich breite Fasern zu zerteilen.

Die Röstung im Trommeltrockner

Nun wird der geschnittene Tabak geröstet, was man auch als Toasten bezeichnet. Es hat zum einen den Nutzen, dem Tabak das restliche Wasser zu entziehen. Zum anderen werden die Aromen weiter veredelt, da sich die Soßenzutaten aus dem Casing durch die Hitze noch intensiver mit dem Tabak verbinden.

Zum Rösten kommt der Tabak in einen Trommeltrockner, auch als Rösttrommel, Röstmaschine oder Röste bekannt. Dann wird das Gerät auf Temperaturen bis 180° C erhitzt. Ist die Röstung beendet, verbleibt der Tabak noch eine Weile in der Trommel. Dort trocknet er so lange, bis die gewünschte Endfeuchte erreicht ist. Das Abkühlen des Tabaks erfolgt auf einem Kühlband. Derweil wird ihm reichlich Frischluft zugeführt.

Mit der Flavourisierung ist der letzte Schritt der Tabakherstellung abgeschlossen.

10. Schritt: Die Flavourisierung

Jede Mischung erhält ihren eigenen Charakter

Als finaler Verarbeitungsschritt erfolgt die Flavourisierung des Tabaks, sofern sie für das Tabakprodukt vorgesehen ist. Bei diesem casingähnlichen Verarbeitungsschritt werden dem Tabak verschiedene Aromen wie Frucht- oder Gewürznoten zugeführt. Die Verwendung der Noten haben einen zweifachen Nutzen. Zum einen runden sie den Geschmack des Tabaks ab. Zum anderen geben sie ihm seinen unverwechselbaren Duft. Wie beim Casing handelt es sich bei den Frucht- und Gewürznoten sowohl um natürliche als auch um naturidentische Aromastoffe.

Bevor die Flavorisierung beginnt, wird der Tabak in einer rotierenden Flavourtrommel aufgelockert und gut durchgemischt. Das macht ihn bereit für das Aufbringen der Frucht- und Gewürznoten. Nun kommt eine Düse zum Einsatz, die den Flavour gleichmäßig aufträgt. Die Aromen sind dabei flüssig, pastös, pulverförmig, fadenförmig oder gasförmig. Der Weiterverarbeitung in der Zigaretten-Maschine werden wir einen eigenen Blogbeitrag widmen.

Die häufigsten Fragen zur Herstellung von Tabak

Tabakpflanze selbst anbauen – ist das erlaubt?

Ja. Du hast richtig gehört. Der heimische Anbau von Rauchtabak ist in Deutschland legal. Das Vorhaben sollte sich natürlich in einem Kleinpflanzen-Rahmen halten und nicht mehr als 100 Tabakpflanzen umfassen. Außerdem darf mit dem Tabak und den daraus hergestellten Produkten kein Handel betrieben werden. Die Produkte dienen nur der eigenen Verwendung.

Zahlt man eine Tabaksteuer für selbst hergestellten Tabak?

Zum Glück nicht. Tabak, der selbst hergestellt wurde und dem Eigenbedarf dient, ist von der Tabaksteuer befreit.

Lohnt sich der private Anbau von Tabakpflanzen?

Der Anbau von Tabakpflanzen ist nicht viel schwieriger als der vieler anderer Garten- und Nutzpflanzen. Online gibt es eine große Auswahl an Saatgut beziehungsweise Jungpflanzen, die du kurzerhand bestellen kannst. Im Baumarkt und im Gartencenter werden Samen und Pflanzen dagegen nicht angeboten.

Lohnt sich die private Verarbeitung von Tabak?

Leider nein. Denn das Herstellen von Rauchwaren aus selbst gezogenem Tabak ist äußerst aufwendig und komplex. Es bedarf einiger Expertise und vieler Monate Geduld, um aus Tabakpflanzen eine Tabakmischung zu produzieren, die eine annähernd gute Qualität besitzt. Überlass diese Aufgabe lieber den Spezialisten und erwirb deinen Tabak bei renomierten Onlineshops wie der Tabak Welt.

Welche natürlichen Feinde haben Tabakpflanzen?

Die Tabakpflanze ist äußerst empfindlich und daher vielen Gefahren ausgesetzt. Eine dieser Bedrohungen ist der Blauschimmel, ein Pilz. Die Krankheit beginnt an den unteren Blättern und setzt sich nach oben fort. Auch Alternaria alternata, ein weiterer Pilz, wird dem Tabak gefährlich. Eine andere Blattkrankheit des Tabaks ist der Echte Mehltau. Ferner gilt der Tabakkäfer als wahre Plage. Er gelangt als Ei in das Blatt und vernichtet als Wurm so viele Blätter, wie er verschlingen kann

Was ist ein Blend?

Jedes Tabakprodukt, ja sogar jede Marke hat ihre eigene, charakteristische Mischung: den Blend. Ein Blend kann aus bis zu 50 verschiedenen Partien Tabak zusammengesetzt sein. Die mit Abstand bekannteste Mischung ist der American Blend. Er besteht aus etwa 60 % Virginia-Tabak, 30 % Burley-Tabak und 10 % Orient-Tabak. Neben dem American Blend gibt es noch weitere Mixe, zum Beispiel den English Blend.

Angelika Kiel
Angelika Kielhttps://www.xing.com/profile/Angelika_Kiel4
Seit Jahren ist es meine größte Leidenschaft, über losen und verarbeiteten Tabak, Tabakerhitzer und andere Tabakprodukte zu schreiben. Mein Wissen gebe ich hier im Blog an passionierte Raucher und Dampfer weiter, um auch sie zu Experten zu machen.

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